Vorsorgevollmacht

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Wer schwer erkrankt, an einer Behinderung leidet oder sehr alt ist, ist oft nicht mehr in der Lage, selbst alle wichtigen Entscheidungen zu treffen . Mit einer Vorsorgevollmacht kannst Du vorher festlegen, wer für Dich entscheidet, wenn Du dazu nicht mehr in der Lage bist.

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Bei einer Vorsorgevollmacht handelt es sich um ein Dokument, das es Dir ermöglicht, eine (oder mehrere) Vertrauensperson(en) zu benennen, die in Deinem Namen Entscheidungen treffen kann, falls Du dazu nicht mehr in der Lage bist. Dadurch vermeidest Du eine rechtliche Betreuung oder Bevormundung durch Dritte.

Was für die Ausstellung der Vorsorgevollmacht wichtig ist, zeigen wir Dir in diesem Beitrag. Folgende Fragen wollen wir hierzu beantworten:

  • Was sind die Unterschiede von Generalvollmacht, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung?
  • Wer sollte in einer Vorsorgevollmacht als Bevollmächtigte:r eingesetzt werden und wie wählst Du diese Person am besten aus?
  • Warum muss eine Patientenverfügung durch eine Vorsorgevollmacht ergänzt werden?
  • Was ist, wenn keine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vorliegt?
  • Muss bei einer Vorsorgevollmacht bei Entscheidungen im medizinischen Bereich das Gericht eingeschaltet werden?

Eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus ist sinnvoll. Bevollmächtigte dürfen – im Falle Deines Ablebens – dann Deine Bestattung organisieren, ohne dass sie im Erbschein Erwähnung finden (nicht nur in diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, über eine Bankvollmacht nachzudenken). Damit die Vollmacht über Deinen Tod hinaus gültig bleibt, musst Du einen entsprechenden Passus in der Vollmachtsurkunde einfügen. Dort kannst Du punktgenau regeln, was in diesem Fall passieren soll.

Info:

Übrigens: Eine Vorsorgevollmacht kannst Du jederzeit ohne Begründung widerrufen. Allerdings solltest Du das Originaldokument von der bevollmächtigten Person zurückverlangen und Drittparteien wie Gerichte, Versicherungen und Banken von diesem Widerruf in Kenntnis setzen.

Können Bevollmächtigte die Vorsorgevollmacht wieder zurückgeben? Ja, auch das ist juristisch erlaubt. Es sei denn, die Person hat sich im Vertrag dazu verpflichtet, Deine rechtliche Betreuung in jedem Fall durchzuführen. Deine persönliche Vorsorgevollmacht kannst Du online bei verschiedenen Verbraucherzentralen erstellen. 

Tipp:

Auch über das Thema Erben und Vererben solltest Du Dir rechtzeitig Gedanken machen. Für die Hinterbliebenen ist ein Todesfall immer ein persönlicher Verlust, in dessen Folge es viel zu organisieren gibt. Da ist es eine große Erleichterung, wenn der Nachlass bereits geregelt ist.  

Unterschied Vollmachten und Verfügungen

Eine Vorsorgevollmacht ist das eine – doch wo liegen die Unterschiede zur Generalvollmacht für Angehörige, zur Betreuungsverfügung oder zur Patientenverfügung?

In der folgenden Tabelle findest Du die entscheidenden Unterschiede auf einen Blick:

GeneralvollmachtVorsorgevollmachtBetreuungsverfügungPatientenverfügung
Gültigkeitab Ausstellungwenn Vollmachtgebende keine Entscheidungen mehr treffen können Betreuungsgericht entscheidet, wann die Betreuungsperson die Betreuung beginnen soll sofort gültig, falls Geschäftsfähigkeit erfüllt ist
Dauerzeitlich unebegrenztendet mit dem Widerruf oder mit dem Tod der Vollmachtgebenden endet mit dem Widerruf oder mit dem Tod der Vollmachtgebenden nicht festgelegt, also gültig bis Widerruf bzw. Lebensende
rechtliche VorgabenBeurkundung gar nicht nötigBeurkundung nur in Ausnahmefällen nötig wird selbst aufgesetzt und notariell beglaubigt kann selbst aufgesetzt und an einem sicheren Ort verwahrt werden (Gericht, Hausarzt etc.)
Info:

Es gibt bei der Vorsorgevollmacht allerdings eine Ausnahme. Wenn Du Deine bevollmächtige Person etwa mit der Ausübung von Grundstücksgeschäften oder der Vertretung gegenüber dem Handelsregister betrauen möchtest, dann ist die notarielle Beurkundung der Vollmacht notwendig. Allgemeine Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht ähneln sich ziemlich, allerdings kannst Du bei einer Vorsorgeverfügung festlegen, ob bestimmte Bereiche davon ausgenommen bleiben. Umfassende Vollmachten hingegen sind immer Generalvollmachten. 

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Tipp:

Es wird deutlich, dass das Thema der Vorsorgevollmacht sehr komplex ist. Wenn Du noch auf der Suche nach entsprechenden Formularen bist, empfehlen wir Dir das Bundesministerium für Justiz. Dort findest Du auch Bausteine, Muster und andere Vordrucke zum Ausdrucken, die Dir bei der Erstellung Deiner Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung helfen. 

Unterschied Patientenverfügung und Betreuungsverfügung

In der Patientenverfügung legst Du fest, welche medizinischen Schritte unternommen werden dürfen, solltest Du – etwa durch einen Unfall – entscheidungsunfähig werden. Ganz anders hingegen funktioniert die Betreuungsverfügung. Mit dieser beauftragst Du ein Gericht, eine ausgewählte Person zu Deinem rechtlichen Vormund zu machen, sollte das irgendwann notwendig werden. Das kann etwa bei psychischen Erkrankungen ein gangbarer Weg sein. Die Betreuungsperson vertritt Dich dann nur in jenen juristischen Angelegenheiten, die Du selbst nicht mehr bewältigst.

Patientenverfügung ergänzt durch eine Vorsorgevollmacht

In der Patientenverfügung regelst Du, welche medizinischen bzw. ärztlichen Leistungen und Maßnahmen vorgenommen werden sollen für den Fall Deiner Entscheidungsunfähigkeit. Angenommen, Du liegst nach einem schweren Unfall im Koma und das Krankenhauspersonal möchte – entgegen Deinem in der Patientenverfügung geäußerten Willen – lebenserhaltende Maßnahmen einleiten: Eine Person, der Du eine Vorsorgevollmacht erteilt hast, ist berechtigt, Deinen Willen rechtlich durchzusetzen.

Keine Vorsorgevollmacht bzw. Patientenverfügung?

Seit dem 1. Januar 2023 gilt die reformierte Version des Betreuungsrechts. §1358 BGB besagt jetzt, dass sich verheiratete Paare in Notsituationen für höchstens sechs Monate gegenseitig vertreten dürfen, falls keine Vorsorgevollmachten vorliegen. Fehlt hingegen die Patientenverfügung, dann treffen Deine engsten Angehörigen gemeinsam mit dem medizinischen Personal die Entscheidungen über die folgenden Schritte. Dabei versuchen sie, den mutmaßlichen Patientenwillen – also Deinen – zu berücksichtigen. Andernfalls muss die Betreuungsbehörde einschreiten und beispielsweise eine Kontrollbetreuung veranlassen.

Vorsorgevollmacht: Ehepartner stehen meist an erster Stelle

Ganz generell kommt jede Person als Bevollmächtigte:r infrage. In der Praxis setzen die meisten Vollmachtgebenden jedoch eine Vertrauensperson ein, zu der ein enger Bezug besteht. Das sind oft Lebenspartner oder eines der gemeinsamen Kinder, sofern ein guter Kontakt besteht und das (erwachsene) Kind noch in der Nähe wohnt. Eine Vorsorgevollmacht für mehrere Personen ist ebenfalls möglich. Doch warum ist das sinnvoll? Oft bedarf es einer raschen Entscheidung durch die bevollmächtigte Person – etwa dann, wenn es darum geht, bestimmten medizinischen Maßnahmen zuzustimmen (oder diese abzulehnen). Da ist es ungünstig, wenn Bevollmächtigte weit entfernt leben.

In diesen Fällen dürfen Bevollmächtigte Dich vertreten

Auf Nummer Sicher gehst Du demnach, gerade in der Gesundheitsfürsorge, mit der Kombination aus Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Doch welche Punkte müssen in der Vollmacht erwähnt werden, damit diese gültig ist?

  • Aufenthaltsbestimmungsrecht: Bevollmächtigte dürfen über Deinen Wohnort bestimmen.
  • Vermögenssorge: Bevollmächtigte regeln den Umgang mit Deinen Finanzen.
  • Post: Bevollmächtigte nehmen Briefe und Pakete an und öffnen sie.
  • Wohnungsangelegenheiten: Bevollmächtigte dürfen Dich in Angelegenheiten rund um den Mietvertrag oder Heimvertrag vertreten.
  • Behördenangelegenheiten: Bevollmächtigte kümmern sich um Belange der Krankenkasse bzw. Pflegekasse (Pflegevollmacht).
Info:

In der Vorsorgevollmacht kannst Du ebenso festlegen, dass Du vor Gericht vertreten werden darfst und dass Du Bevollmächtigte vom Verbot von “In-sich-Geschäften” befreist. Das betrifft beispielsweise das Pflegegeld, das sich bevollmächtigte Ehepartner auf das eigene Konto überweisen dürfen, wenn sie Deine häusliche Pflege übernehmen.

Registrierung der Vollmachten und Verfügungen

Die Vorsorgevollmacht bedarf (siehe Tabelle) nicht zwingend einer Beglaubigung durch den/der Notar:in. Sie ist also auch ohne Notar:in rechtsgültig. In diesem Fall solltest Du die Vollmacht allerdings alle zwei Jahre neu unterschreiben. Damit sicherst Du ab, dass keine anderweitige Willenserklärung existiert. Ist die Vollmacht notariell beglaubigt, dann wird sie ins Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer aufgenommen. Das gilt ebenfalls für die Betreuungsverfügung.

Vorsorgevollmacht im medizinischen Bereich

Die Gesundheitssorge ist aufgrund oft weitreichender Folgen ein heikles Thema im Bereich der Vollmachten und Verfügungen. Zwar lässt sich die Frage, ob mit einer Vorsorgevollmacht bei medizinischen/ärztlichen Entscheidungen ein Gericht angerufen werden muss, mit Nein beantworten. Das gilt aber nur, wenn Du in der Vollmacht die Gesundheitssorge bzw. die Pflegebedürftigkeit ausdrücklich erwähnst. Idealerweise hältst Du in der Vollmacht fest, dass die bevollmächtigte Person die in Deiner Patientenverfügung aufgeführten Wünsche durchsetzen darf (BGB §1901a).

Dazu gehören auch Entscheidungen über mögliche freiheitsentziehende Maßnahmen, Zwangsmaßnahmen und Behandlungen mit etwaiger Todesfolge. Bevollmächtigte dürfen hierüber dann allein entscheiden. Mitunter spielen (Amts-)Gerichte in diesem Zusammenhang dennoch eine Rolle, nämlich dann, wenn es um die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht geht. Wenn Bevollmächtigte Einblick in Deine Krankenhausakte nehmen wollen und das Krankenhaus dieses Vorhaben unter Berufung auf die Schweigepflicht verhindert, müssen hin und wieder Gerichte eingeschaltet werden.