Unterschied Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit

Das musst Du zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeit wissen

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Krankheiten und Unfälle können dazu führen, dass Du für längere Zeit bzw. dauerhaft nicht mehr Deine berufliche Tätigkeit ausüben kannst. Damit gehen zwangsläufig finanzielle Einbußen einher, die Du umsichtig mit den passenden Versicherungen ausgleichen kannst. Um Dir eine tragfähige Entscheidung zu erleichtern, haben wir Dir alle relevanten Fakten zusammengestellt und erklären den Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit.

Ähnliche Begriffe, große Unterschiede

Befasst Du Dich mit dem Thema Versicherungen, sollte die Berufsunfähigkeit (BU) ganz oben auf Deiner Liste stehen: Bist Du nämlich wegen einer langwierigen Erkrankung oder nach einem Unfallereignis über längere Zeit nicht in der Lage, Deiner Berufstätigkeit wie gewohnt nachzugehen, wirst Du über kurz oder lang als berufsunfähig oder gar erwerbsunfähig eingestuft. Bist Du in der gesetzlichen Rentenversicherung mindestens 5 Jahre versichert, kommt eventuell auch noch die Erwerbsminderungsrente ins Spiel – schon die Ähnlichkeit der Begriffe macht es sinnvoll, einige klare Abgrenzungen zu ziehen.

Berufsunfähig: Was ist das eigentlich?

Kannst Du als Arbeitnehmer:in Deine bisherige Berufstätigkeit wegen einer körperlichen oder psychischen Erkrankung oder nach einem Unfall für mindestens sechs Monate nicht wie gewohnt ausüben, dann giltst Du als berufsunfähig. Und genau diese Details sind wichtig: Du bist lediglich nicht in der Lage, Deinem bisher ausgeübten Beruf nachzugehen – grundsätzlich kannst Du aber andere Arbeiten leisten.

Beispiel:
Ein Dachdecker erleidet einen Unfall, sodass er wegen der dauerhaften Beeinträchtigung eines Beines nicht mehr sein Gleichgewicht halten kann. Damit ist er körperlich nicht mehr in der Lage, die notwendigen Arbeiten auf dem Dach auszuführen. Allerdings kann er Büro- und Verwaltungsarbeiten übernehmen.

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Berufs- oder erwerbsunfähig: Wo ist der Unterschied?

Als erwerbsunfähig (EU) gilt, wer wegen körperlicher oder psychischer Erkrankung oder nach einem Unfall gar keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann. Bist Du also „nur“ berufsunfähig, musst Du nicht zwangsläufig auch erwerbsunfähig sein – wie im genannten Beispiel aufgeführt. Bei der Einschätzung einer Erwerbsunfähigkeit spielen weder Dein erlernter Beruf noch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eine Rolle:

  • Kannst Du wegen Deiner gesundheitlichen Beeinträchtigung weniger als drei Stunden am Tag einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bist Du voll erwerbsunfähig.
  • Als teilweise erwerbsunfähig wirst Du eingestuft, wenn Du pro Tag zwischen drei und sechs Stunden irgendeine berufliche Tätigkeit ausüben kannst.

Beispiel:
Unser Dachdecker kann also noch Verwaltungs- und Bürotätigkeiten ausführen – er ist nicht erwerbsunfähig. Das wäre dann der Fall, wenn die Unfallfolgen so drastisch wären, dass er gar keine anderweitigen Arbeiten erledigen kann. Ist er hingegen in der Lage, bis zu sechs Stunden täglich zu arbeiten, läge eine teilweise EU vor.

Wer stellt die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit fest?

Bist Du über längere Zeit krankgeschrieben, ist zunächst Dein Arbeitgeber mit einer sechswöchigen Lohnfortzahlung für Dein Einkommen verantwortlich. Danach tritt Deine Krankenversicherung, die auch eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung in Form eines Tagegeldes umfasst, in Leistung. Für die Berechnung deines gesetzlichen Krankengeldes werden 70 Prozent Deines Brutto-Verdienstes genommen und 90 Prozent des Netto-Verdienstes. Der geringere Wert ist Dein Krankengeld, wobei hier noch Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Der Höchstbetrag ist 116,38 Euro täglich (2023). Dabei werden Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld mit in die Berechnung einbezogen.

Dein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitsunfähigkeitsversicherung ist auf 78 Wochen begrenzt. Diese verlängern sich um die Lohnfortzahlung und eventuelle Reha-Maßnahmen, die Dir bei Zahlung eines Übergangsgeldes von der Rentenversicherung zur Wiederherstellung Deiner Arbeitsfähigkeit genehmigt werden.

Deine Krankenversicherung wird zur Einschätzung der Aussichten eine ärztliche Begutachtung anfordern. Im Rahmen dieses Gesprächs wird nicht nur Dein aktueller gesundheitlicher Zustand erfasst, sondern es dient auch als Grundlage für eine Prognose. Darin fließen Deine bisherigen beruflichen Tätigkeiten ein. Es geht also darum abzuwägen, ob und in welchem Umfang Du weiter dieser Arbeit nachgehen kannst.

Werden die gesundheitlichen Folgen als gravierend eingeschätzt, lässt sich ein Grad der Beeinträchtigung festlegen. Daraus leiten sich wiederum Deine Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab, wenn Du:

  • zu wenigstens 50 Prozent berufsunfähig sind – siehe § 240 SGB XI Absatz 2,
  • wenigstens fünf Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert warst du und
  • in den letzten fünf Jahren vor Deiner BU/EU für wenigstens 36 Monate Pflichtbeiträge abgeführt hast.

Welche Leistungen kannst Du bei BU erwarten?

Bis zum Jahr 2001 konnten gesetzlich Rentenversicherte Leistungen im Falle einer BU oder EU erwarten, seither steht die BU-Rente nur noch älteren Versicherten (vor 2. Januar 1961 geboren) zu. Als Ersatz wurde die sogenannte Erwerbsminderungsrente eingeführt, die bei voller oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit greift. Bei der Bewertung ist demnach nicht mehr die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit maßgeblich, sondern allein die Fähigkeit, noch mehr als drei Stunden pro Tag irgendeiner Erwerbstätigkeit nachzugehen – und dazu zählt auch die Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung.
Kannst Du also zwischen drei und sechs Stunden täglich grundsätzlich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein, hast Du Anspruch auf die halbe Erwerbsminderungsrente.

Unterm Strich heißt das: Wenn Du nach den alten Bedingungen ein Fall für die gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung gewesen wärst, weil Du Deiner Berufstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen, aber eine andere Arbeit ausüben kannst, hast Du heute überhaupt keinen gesetzlichen Leistungsanspruch mehr. Du kannst jedoch eine Förderung der Umschulung durch die Rentenversicherung beantragen.

Dein Alter spielt also die entscheidende Rolle:

  • Alle vor dem 2. Januar 1961 Geborenen haben nämlich noch Anspruch auf die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente, die sich auf zwei Drittel ihrer gesetzlichen Altersrente beläuft.
  • Für alle später Geborenen gelten die Regeln der Erwerbsminderungsrente, deren Höhe vom Grad der gesundheitlichen Beeinträchtigung und den bereits erworbenen Rentenansprüchen abhängt:
    • Bist Du voll erwerbsunfähig, hast Du Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente. Das sind in der Regel rund 30 Prozent Deines gewohnten Brutto-Verdienstes.
    • Bist Du teilweise erwerbsunfähig, steht Dir die halbe Erwerbsminderungsrente zu – also rund 15 Prozent des bisherigen Brutto-Verdienstes.
    • Kannst Du mehr als sechs Stunden täglich irgendeiner Tätigkeit nachgehen, hast Du gar keine Ansprüche auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Info:

Hast Du gerade Deine Ausbildung abgeschlossen und bist Du noch keine fünf Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt, steht Dir ebenso wenig eine Rente wegen Erwerbsminderung zu wie Selbstständigen, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung ist dann also dringend zu empfehlen!

Welche privaten Absicherungsmöglichkeiten für BU/EU gibt es?

Die Zahlen und Statistiken machen klar, wie groß die finanziellen Einbußen im Falle einer BU oder EU sein können:

2021 wurden durchschnittlich 917 Euro pro Monat als volle Erwerbsminderungsrente für Rentenneuzugänge ausgezahlt. Die halbe Erwerbsminderungsrente belief sich somit im Durchschnitt auf 541 Euro.

Wichtig:

Nicht zu vernachlässigen sind die Abzüge von maximal 10,8 Prozent für eine vorzeitige Verrentung!

Es lässt sich also festhalten, dass die finanzielle Situation ausgesprochen schwierig wird – und das selbst dann, wenn Du Anspruch auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente hast. Es ist nicht nur Deine Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch Deine finanzielle Existenz gefährdet. Die Frage, welche Alternativen sich eröffnen, solltest Du deswegen so früh wie möglich klären.

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Die erste Wahl: Berufsunfähigkeitsversicherung

Diese Absicherung kannst Du entweder separat vereinbaren, was empfehlenswert ist, oder als Zusatzversicherung zu Risiko-, Renten- und Lebensversicherungen. Versichert wird eine Berufsunfähigkeitsrente in einer Höhe, die zu Deinem Einkommen passt. Die Laufzeit kann individuell vereinbart werden: So kannst Du Dich zum Beispiel bis zum 63. Lebensjahr, 65. oder bis maximal zum Renteneintritt den 67. Lebensjahr versichern.

Zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung bei Erwerbsminderung?

Die Frage der staatlich anerkannten Erwerbsminderung spielt bei der Prüfung Deiner Ansprüche auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zunächst keine Rolle: Bist Du laut ärztlicher Prognose für einen bestimmten Zeitraum nur noch zu weniger als 50 Prozent in der Lage, Deiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit nachzugehen, zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung die vereinbarte Rente. Der Beruf spielt also die Hauptrolle bei der Bewertung, doch auch den sogenannten Prognose-Zeitraum solltest Du im Blick behalten: Einige Versicherungen setzen voraus, dass Du „voraussichtlich dauerhaft“ zu wenigstens 50 Prozent berufsunfähig bist, anderen, wie etwa der R+V Versicherung, reichen „voraussichtlich sechs Monate“ aus – und das ist ein echter Vorteil für Dich.

Da es sich um eine Risiko-Absicherung handelt, führt die BU-Versicherung bei Antragstellung eine Gesundheitsprüfung durch. Die wichtigsten Kriterien für die Beitragskalkulation sind Dein Alter, Dein Gesundheitszustand und natürlich Dein Berufsbild. Hast Du bereits Vorerkrankungen, kann es zu Ausschlüssen oder Beitragszuschlägen kommen.

Tipp:

Sinnvoll ist es, diesen Vertrag dynamisch zu gestalten: Dann erhöhen sich nicht nur die Beiträge ohne erneute Gesundheitsprüfung, sondern vor allem die Leistungen – und das auch noch in der Leistungsphase.

Die Alternative: Private Grundfähigkeitsversicherung

Wird Dein Antrag auf eine BU-Versicherung nur erschwert oder gar nicht angenommen, weil Du zum Beispiel vorerkrankt bist oder einer riskanten beruflichen Tätigkeit nachgehst, kann die Grundfähigkeitsversicherung eine interessante Alternative sein: Hier wird eine monatliche vereinbarte Rente gezahlt, wenn Du voraussichtlich für einen bestimmten Zeitraum, der entweder auf sechs Monate festgelegt oder als „dauerhaft“ definiert sein kann, mindestens eine definierte Grundfähigkeit nicht hast. Entsprechend günstiger sind die Beiträge, die Du für eine zu Deinen Einkommensverhältnissen passende Grundfähigkeitsrente bezahlen musst.
Es geht also um die Details in den Versicherungsbedingungen und die optimale Auswahl eines geeigneten Produktes.

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Eine hochwertige Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit zählt zu den wichtigsten Versicherungen laut Verbraucherschutz, denn sie kann Deine finanzielle Existenz im Ernstfall schützen.
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Selbst bei Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung musst Du gravierende Einkommenseinbußen hinnehmen, wenn Du über längere Zeit wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht Deiner Erwerbstätigkeit nachgehen kannst.