Erben

Das solltest Du vor einer Erbschaft wissen

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Testament, Pflichtanteil, steuerliche Aspekte – wer sich als Erblasser:in oder als Erbe/Erbin mit dem Thema auseinandersetzt, stößt auf rechtliche und steuerliche Aspekte. Wer eigentlich ein Testament schreiben darf, was eine gesetzliche Erbfolge ist und was Erbende beachten müssen, erfährst Du in diesem Artikel rund ums Thema Erben.

Ein Testament legt die Erbenden fest

Dreh- und Angelpunkt im Erbschaftsrecht ist das Testament. In diesem legt eine Person (Erblasser:in) fest, wer das zu vererbende Vermögen erhält. Bis auf den sogenannten Pflichtanteil bestimmt sie über das hinterlassene Hab und Gut. Der Pflichtanteil lässt sich jedoch nicht durch ein Testament aushebeln. Es ist ein vorgeschriebener Teil des Erbes, der selbst bei Enterbung dem nächsten Angehörigen zusteht.

Bei Kindern liegt dessen Höhe grundsätzlich immer bei der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Meistens geschieht dies in Form eines Geldanspruchs, da dieser rechtlich leichter durchsetzbar ist. Der Pflichtteil kann direkt von den Erben eingefordert werden, was die Höhe des Anspruchs klar und nachvollziehbar macht. Theoretisch könnten jedoch auch Sachwerte, wie zum Beispiel Autos, Schmuck oder andere Vermögensgegenstände, als Pflichtteil ausgeglichen werden. In der Praxis wird jedoch meist auf eine Geldzahlung zurückgegriffen, da der Wert von Sachwerten oft schwieriger zu bestimmen und nachzuweisen ist.

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Beispiel: Ein unverheirateter Erblasser hat zwei Kinder. Gesetzlich erben beide zu je 50 %, doch eines der Kinder wird vom Erbe ausgeschlossen. Das andere Kind erbt somit die gesamte Erbmasse. Das ausgeschlossene Kind hat jedoch einen Pflichtteilsanspruch, der 25 % der Gesamterbmasse beträgt, da es die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (50 % von 50 %) beanspruchen kann.

Erbschaft: Ablauf einer Testamentseröffnung

Die Testamentseröffnung ist der offizielle Akt, bei dem das Nachlassgericht die Verfügungen des/der Erblassers:in zur Kenntnis nimmt und in einem Eröffnungsprotokoll dokumentiert. Dabei prüft das Gericht nicht die formelle oder inhaltliche Gültigkeit des Testaments – eine Anfechtung ist also weiterhin möglich. Liegt das Testament in amtlicher Verwahrung, erfolgt die Eröffnung automatisch. Ein privates Testament hingegen muss zunächst dem Gericht vorgelegt und auf Antrag eröffnet werden. Nach der Testamentseröffnung werden die Erben und weitere Beteiligte vom Nachlassgericht über den Inhalt des Testaments informiert.

Wann ist ein Testament rechtsgültig?

Sobald Du volljährig bist, darfst Du in Deutschland eigenständig ein Testament aufsetzen. Es reicht, wenn Du dies handschriftlich festhältst, einen Notartermin brauchst Du hierfür nicht. Minderjährige Personen ab 16 Jahren müssen hingegen gemeinsam mit einem Notar mögliche Erbende schriftlich festhalten. Es ist hierfür weder das Einverständnis der Eltern oder des Vormunds notwendig.

Doch damit Du ein gültiges Testament verfassen darfst, musst Du testierfähig sein. Eine Testierfähigkeit besitzt Du, wenn Du Dir im Klaren darüber bist, welche Auswirkungen eine Erbschaft hat. Außerdem darf niemand Dich in Deiner Entscheidung beeinflussen! Liegt eine geistige, psychische oder Bewusstseinsstörung vor, ist die Testierfähigkeit nicht gegeben. Bei Demenzerkrankungen hingegen entscheidet im Zweifel ein:e Gutachter:in.

Erbvertrag: So lassen sich Erbende bestimmen

Neben dem Testament gibt es noch den sogenannten Erbvertrag. In einem Erbvertrag bestimmt der/die Erblasser:in, wer zukünftig das Vermögen erhält und unter welchen Auflagen dies geschieht. Während im Testament lediglich steht, wer den Nachlass erhält, umfasst ein Erbvertrag noch weitere Aspekte. Er bestimmt nämlich, welche Leistungen der/die Erblasser:in im Gegenzug von den Erbenden erhält – beispielsweise eine Pflegeleistung.

Wichtig:

Anders als bei einem Testament reicht es nicht aus, den Erbvertrag einfach handschriftlich aufzusetzen. Er muss im Beisein aller Vertragsparteien von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt notariell beglaubigt werden. Wichtig: Ausschließlich der/die Erblasser:in kann diesen schließen, ein/e Vertreter:in oder Betreuer:in ist dazu nicht berechtigt.

Erben: Die gesetzliche Erbfolge

Aber wie lässt sich das Vermögen unter den Erbenden aufteilen, wenn der:die Verstorbene kein Testament hinterlässt? Bei einem solchen Fall greift die gesetzliche Erbfolge. Diese bestimmt, welche Personen Anspruch auf das aufzuteilende Vermögen haben. Grundsätzlich gibt es innerhalb der Erbfolge diese beiden Instrumente: das Parentel- oder Ordnungssystem und das Ehegattenerbrecht.

Das Ordnungssystem regelt die Erbfolge innerhalb der Verwandtschaft

Es gibt vier unterschiedliche Ordnungen, die anzeigen, in welchem Verwandtschaftsgrad die möglichen Erbenden zur:zum Verstorbenen stehen:

  • 1. Ordnung: Nach der gesetzlichen Erbfolge wird zuerst geprüft, ob die verstorbene Person Kinder hat. Wenn ja, erben sie zu gleichen Teilen. Sollte es keine Kinder geben, gelten die Enkelkinder oder letztlich die Urenkelkinder als Erbende.
  • 2. Ordnung: Gibt es weder Kinder, Enkelkinder noch Urenkelkinder, gelten zunächst die Eltern als Erben. Sind die eigenen Eltern bereits verstorben, fließt die Erbschaft an die Geschwister.
  • 3. Ordnung: Sollte es auch in der 2. Ordnung keine Erben geben, haben als Nächstes die Großeltern und deren Nachkommen einen Anspruch auf das Erbe.
  • 4. Ordnung: Zu der 4. Ordnung zählen die Urgroßeltern und deren Nachkommen.

Sonderfall: Ehegattenrecht

Ein besonderer Fall tritt ein, wenn die verstorbene Person verheiratet ist. Denn zwischen den Ehepartnern besteht kein Verwandtschaftsverhältnis, im klassischen Sinne, dennoch ist der:die überlebende Ehepartner:in erbberechtigt, sofern eine rechtliche Ehe zum Zeitpunkt des Todes bestand. Ohne eine rechtliche Ehe würde der:die Lebensgefährte:in hingegen nicht erben.

Der gesamte eheliche Hausrat, sowie die Hochzeitsgeschenke fließen dem:der Ehepartner:in zu. Gibt es Erben der ersten Ordnung (also Kinder des:der Erblassers:in), erhält der:die Ehepartner:in dennoch 25 % des Nachlasses, während die übrigen 75 % unter den Kindern aufgeteilt werden. Existieren keine Erben der ersten Ordnung, aber Erben der zweiten Ordnung (also Eltern oder Geschwister des:der Erblassers:in), erhält der:die überlebende Partner:in 50 Prozent des gesamten Nachlasses. Die verbleibenden 50 % gehen an die Erben der zweiten Ordnung.

Sollte es auch in der zweiten Ordnung keine Erbenden geben, fließt der gesamte Nachlass dem:der Ehepartner:in zu. Erbende aus der dritten und vierten Ordnung haben keinen Anspruch mehr auf das Erbe.

Grundsätzlich greifen diese Regeln für den Stand der Gütergemeinschaft. Sollten die Ehepartner:innen innerhalb eines Ehevertrages eine Gütertrennung oder Zugewinngemeinschaft vereinbaren, gelten andere Regeln, die vermutlich ein höheres Erbe vorsehen.

Was muss ich beachten, wenn ich etwas erbe?

Hat Dich eine verstorbene Person im Testament als Erbenden eingetragen, gilt es für Dich einige Aspekte zu beachten. Ein Erbe ist für Dich nämlich mit Aufgaben und Pflichten verbunden. Zuerst einmal stellt sich für Dich die Frage: Möchte ich das Erbe annehmen oder ausschlagen?

Grundsätzlich hast Du die Möglichkeit, ein Erbe auszuschlagen, denn nicht immer bringt eine Erbschaft gewisse Einkünfte oder Vermögenswerte mit. Der:die Erblasser:in kann nämlich auch bestehende Schulden vererben. Bevor Du ein Erbe annimmst, solltest Du den Nachlass also umfassend überprüfen – nicht, dass am Ende das böse Erwachen folgt. Solltest Du Schulden und Verbindlichkeiten erben, kannst Du die Erbschaft mit einer Frist von sechs Wochen beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen.

Um Dir einen genauen Überblick über den Nachlass zu verschaffen, kannst Du unter Vorlage einer Erblegitimation – also eines Testaments mit Eröffnungsprotokoll, eines Erbvertrags oder eines Erbscheins – bei Banken und Versicherungen Auskunft über bestehende Vermögenswerte einholen. Zudem sind Banken verpflichtet, eine Meldung an das Finanzamt zu machen, wenn der Nachlass 5.000 Euro übersteigt. Diese Meldung kannst Du ebenfalls einsehen, um ein vollständiges Bild über den Nachlass zu erhalten.

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Info:

Solltest Du das Erbe ausschlagen und es gibt keine weiteren gesetzlichen Erbenden, dann fließt die Erbschaft dem Staat zu. Genau genommen, erhält das Bundesland, in dem die verstorbene Person zuletzt gewohnt hat, das Erbe.

Wie ist der Nachlass zu versteuern?

Der Staat sieht eine Erbschaft grundsätzlich als Einkommen an und besteuert dies auch entsprechend. Wie hoch die Steuerlast jedoch ausfällt, hängt vom jeweiligen Verwandtschaftsgrad zu der verstorbenen Person ab. Hierbei gilt: je enger der Verwandtschaftsgrad, desto weniger Steuern musst Du zahlen.

Eine kurze Übersicht der Steuerfreibeträge nach Verwandtschaftsgrad:

  • Bei Erbenden aus der ersten Ordnung sowie Ehepartner:innen und eingetragenen Lebenspartner:innen gelten bis zu 500.000 Euro als steuerfrei
  • Erben aus der zweiten Ordnung müssen erst ein Erbe ab 400.000 Euro versteuern

Reicht der Nachlass über die Freibeträge hinaus, unterteilt das Finanzamt diesen Betrag nochmals in 3 unterschiedliche Steuerklassen. Die Bandbreite der Steuerlast reicht hierbei von 7 bis 50 Prozent und ist ebenfalls abhängig vom Verwandtschaftsgrad. Wie die genaue Steuerbelastung ausfällt, erfährst Du erst, nachdem Du die Erbschaftssteuererklärung eingereicht hast.

In einigen Fällen benötigst Du einen Erbschein

Hast Du beispielsweise eine Immobilie geerbt, musst Du beim zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Diesen brauchst Du, um gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen, dass Du der:die Erb:in bist. Andernfalls trägt Dich das zuständige Amt nicht als Eigentümer:in ins Grundbuch ein.

Info:

Ebenso ist es möglich, dass Banken einen Erbschein verlangen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Du Zugriff auf Konten, Depots oder Schließfächer des Verstorbenen wünschst.

Eine Erbschaftsangelegenheit ist teilweise sehr kompliziert. Für Dich ist es deshalb wichtig, dass Du Dich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, um Dich über die geltenden Regeln und Pflichten zu informieren.