Barrierefreies Bauen

Barrierefrei planen, bauen und umgestalten: Das musst Du wissen

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Lesedauer: 11 Minuten

Barrierefreies Bauen steht für ein selbstbestimmtes Wohnen und damit für ein Plus an Lebensqualität im Alter. Die auch von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention klassifiziert das selbstbestimmte Wohnen sogar als ein Menschenrecht. Dabei wird das Ziel verfolgt, allen Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum. Barrierefrei planen und bauen solltest Du bestenfalls aber nicht erst auf den letzten Drücker, sondern möglichst frühzeitig.

Die gesetzliche Grundlage der Barrierefreiheit

Ein barrierefreies Haus bauen oder ein bestehendes Gebäude modernisieren – beide Varianten ergeben, je nach Fallsituation, Sinn. In beiden Fällen soll ein Wohnumfeld geschaffen werden, das ohne Barrieren auskommt. Was aber ist genau unter dem Begriff Barrierefreiheit zu verstehen? Die Kriterien hierfür sind in der DIN-Norm 18040 ausdrücklich festgelegt.

Besonders ausschlaggebend ist die DIN-Norm 18040 – 2. Diese legt die Kriterien und Grundlagen für die Gestaltung von barrierefreien Gebäuden und Wohnungen explizit fest.

Tipp:

Ausnahme dabei: Rollstuhlgerecht gestaltete Gebäude und Wohnungen weisen mitunter von dieser Norm abweichende Mindestmaße nach oben hin auf. Dadurch steht Rollstuhlfahrer:innen mehr Bewegungsfläche zur Verfügung. Das bedeutet konkret: Eine rollstuhlgerechte Wohnung erfüllt grundsätzlich sämtliche Standards einer barrierefreien Wohnung, erfüllt zudem aber auch noch weitere Anforderungen. Diese Gesetze musst Du beim barrierefreien Hausbau oder beim Modernisieren zwingend beachten.

DIN 18040: Anforderungen an ein barrierefreies Haus

Barrierefreies Bauen sowie der barrierefreie Umbau bestehenden Wohnraums werden in Deutschland von der öffentlichen Hand durch zahlreiche Förderprogramme entsprechend unterstützt. Davon profitieren Bauleute nachhaltig, sofern sie die Anforderungen der Barrierefreiheit erfüllen. Je nach Fall sind auch weitere Zuschüsse möglich. Auf Förderungen hast Du aber nur Zugriff, wenn Du eben die Norm DIN 18040 erfüllst. Dadurch wird die Barrierefreiheit baulicher Anlagen nach § 4 BGG Behindertengleichstellungsgesetz gewährleistet.

Barrierefreies Zuhause: Darauf musst Du achten

Gebäude und Wohnungen unterscheiden sich individuell zwar mitunter sehr stark voneinander, im Hinblick auf fehlende Barrierefreiheit gibt es aber in der Regel typische Problembereiche. Architekt:innen und Bauleute müssen daher gemäß der DIN-Norm 18040 vor allem in diesen Bereichen für eine entsprechende Barrierefreiheit sorgen:

Eingangsbereich

Auf Stufen und Schwellen sollte beim barrierefreien Bauen bestenfalls verzichtet werden. Zudem sollte der Eingangsbereich möglichst großzügig gestaltet und damit besser zugänglich sein. Im Zusammenspiel beispielsweise mit leicht bedienbaren oder automatischen Türöffnern hilft das etwa beim Hereintragen der Einkäufe. Bei Bedarf sind auch Rollstuhlrampen empfehlenswert. Diese machen eine Immobilie auch für Rollatoren oder Kinderwagen besser zugänglich.

Treppen

Sowohl für ältere Menschen als auch für Personen mit Gehbehinderungen stellen Treppen ein großes Hindernis dar. Du solltest daher für rutschfeste Stufen und Handläufe ohne Unterbrechung sorgen. Auch ein Treppenlift stellt eine gute Option für altersgerechtes Bauen dar. Um mehrere Stockwerke zu überwinden, benötigt eine Immobilie zudem idealerweise einen geräumigen Fahrstuhl.

Raumaufteilung

Damit sich Senior:innen oder auch Personen mit Behinderungen in ihrer Wohnung frei und komfortabel bewegen können, müssen Architekt:innen und Bauleute die Raumaufteilung entsprechend großzügig gestalten. Bei bestehenden Gebäuden müssen sie dafür mitunter auch ganze Wände versetzen. Schon bei der Planung rund um seniorengerechtes Bauen muss dabei zwingend auf die entsprechenden Vorgaben geachtet werden. So müssen Flure zum Beispiel eine Mindestbreite von 120 cm aufweisen. Rollstuhlfahrer:innen oder diejenigen, die auf Rollatoren angewiesen sind, benötigen zudem Wendeflächen von 150 x 150 cm sowie einen freien Platz von 150 cm vor den Armaturen.

Sonstige Ausstattung

Ob Neubau oder Umbau: Schwellenfreie Türen in der gesetzlichen Normbreite von mindestens 90 cm, ein Badezimmer mit trittsicheren Fliesen, Haltegriffen und Sitzgelegenheiten, eine bodengleiche Dusche, die stufenlose Erreichbarkeit von Park- oder Stellplätzen sowie Smart-Home-Assistenzsysteme zählen ebenfalls zu den typischen Maßnahmen für ein barrierefreies oder behindertengerechtes Bauen.

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Auch Mieter:innen dürfen barrierefrei umbauen

Neben Haus- und Wohnungseigentümer:innen dürfen auch Mieter:innen ihre Wohnung behinderten- oder seniorengerecht umgestalten. Die Voraussetzungen hierfür sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 554a, Abs. 1, Satz 1 BGB) spezifisch festgelegt. Demnach hast Du bei berechtigtem Interesse jederzeit das Recht, die Zustimmung Deines Vermieters oder Deiner Vermieterin für die jeweiligen Umbaumaßnahmen einzufordern.

Ein berechtigtes Interesse besteht immer dann, wenn ein Haushaltsmitglied unter körperlichen Einschränkungen leidet. Wichtig dabei: Vermieter:innen dürfen die Zustimmung zu geplanten Baumaßnahmen nur dann verweigern, wenn diese in die Bausubstanz eingreifen und verändern. Ein solcher Eingriff in die Bausubstanz findet beispielsweise bei einem substanziellen Umbau des Badezimmers oder beim Einbau von Hubliften statt. Auch die Entfernung von Türschwellen dürfen Vermieter:innen demnach verweigern. Dafür benötigst Du für kleinere barrierefreie Anpassungen in der Wohnung keine Genehmigung.

Frühzeitig barrierefrei bauen oder renovieren lohnt sich

Ob Eigentümer:in, Vermieter:in oder Mieter:in – je frühzeitiger entsprechende Baumaßnahmen geplant und eingeleitet werden, desto besser. Wer erst bei akutem Bedarf ein behindertengerechtes Bauen oder Umgestalten ins Auge fasst, erhöht unweigerlich die eigene Belastung durch den Zeitdruck. Außerdem ist die finanzielle Dimension in jüngeren Jahren meist einfacher zu stemmen.

Welche Fördermittel gibt es?

Ob Neubau, die Modernisierung eines kompletten Wohngebäudes oder auch der Umbau des Badezimmers unter altersgerechten Gesichtspunkten – es gibt Zuschüsse und Kredite für die unterschiedlichsten Projekte. Speerspitze dieser finanziellen Unterstützung zum altersgerechten Umbau bildet vor allem die KfW-Bank mit ihren verschiedenen Förderprogrammen im Rahmen der objektbezogenen Förderung.

Der Fokus liegt dabei auf sowohl auf Förderkrediten als auch auf Zuschüssen für das altersgerechte Umbauen durch den Abbau von Barrieren.

Subjektbezogene Förderung

Grundsätzlich unterscheiden musst Du dabei zwischen einer subjektbezogenen und einer objektbezogenen Förderung. Als subjektbezogene Förderungen werden Zuschüsse oder günstige Kredite von Fördergeber:innen bezeichnet, die oftmals aus dem Kreis der Rehabilitationsträger stammen. Neben der Bundesagentur für Arbeit sind dies zum Beispiel das Jugend- und Sozialamt oder auch die gesetzliche Unfall– und Rentenversicherung.

Das Integrationsamt ist immer dann der richtige Ansprechpartner, wenn der barrierefreie Hausbau oder das Umgestalten für den Erhalt des Arbeitsplatzes von Menschen mit Einschränkungen wichtig ist. In diesem Fall stehen den Betroffenen begleitende Hilfen zur Verfügung. Soll das Wohnen ohne Barrieren die Situation von Pflegebedürftigen verbessern, kannst Du Fördermittel bei der Pflegekasse beantragen. Der maximale Förderbetrag für einen behindertengerechten Umbau beläuft sich unabhängig vom jeweils festgestellten Pflegegrad aktuell auf 4.000 Euro pro Jahr.

Objektbezogene Förderung

Fördert demgegenüber die Kreditanstalt für Wiederaufbau ein barrierefreies Bauen und Umbauen, spricht man von einer objektbezogenen Förderung. Aktuell (Stand 06/2024) kannst Du Mittel aus zwei verschiedenen Förderprogrammen beantragen: Dies sind die Programme KfW 159 sowie KfW 455-B. Die Ziele und Maßnahmen sind hierbei zwar identisch, aber die Programme unterscheiden sich hinsichtlich der Art der Unterstützung. Im Folgenden findest Du die relevantesten Informationen zu diesen beiden Förderprogrammen.

Tipp:

Achtung: Förderprogramme können pausiert werden, wenn die Fördermittel aufgebraucht sind. Informiere Dich daher stets, welche Programme aktuell angeboten werden und ob sich die Konditionen verändert haben. Unsere Baufinanzierungsexpert:innen sind für Dich stets auf dem neusten Stand und informieren Dich gerne in einem Beratungstermin.

Programm KfW 159 – zinsvergünstigtes Darlehen

Über dieses Förderprogramm erhalten Bauträger:innen, kommunale Unternehmen, gemeinnützige Organisationen, Eigentümerschaften sowie Mieter:innen und private Bauleute von der KfW einen zinsvergünstigten Kredit für den altersgerechten Umbau. Der Höchstbetrag liegt bei 50.000 Euro pro Wohneinheit. Berücksichtigt werden dabei alle förderfähigen Kosten inklusive der entsprechenden Nebenkosten. Die Förderdarlehen kannst Du mit verschiedenen Laufzeiten und Zinsbindungsfristen individuell ausstatten.

Programm KfW 455-B – Investitionszuschuss

Antragsberechtigte erhalten im Rahmen des Programms 455-B einen Zuschuss für den Abbau von Barrieren und Maßnahmen für mehr Wohnkomfort. Im Gegensatz zu einem Förderkredit musst Du diese Zuschüsse nicht zurückzahlen, wenn Du ein altersgerechtes Haus bauen oder entsprechend renovieren möchtest. Gemäß der entsprechenden Förderrichtlinien bezuschusst die KfW dabei 12,5 Prozent der förderfähigen Kosten. Die Höhe des Zuschusses ist gedeckelt: Pro Wohneinheit gibt es einen maximalen Zuschuss von 6.250 Euro für den Standard „Altersgerechtes Haus“.

Führst Du lediglich einzelne Baumaßnahmen für ein Wohnen ohne Barrieren durch, kannst Du Dir diese Reduzierung von Barrieren immerhin mit 10 Prozent der förderfähigen Kosten bezuschussen lassen. 2.500 Euro pro Wohneinheit stellen hier die Obergrenze dar. Nutzen können diese Zuschussart die Eigentümer:innen von vermieteten oder selbst genutzten Gebäuden mit maximal zwei Wohneinheiten, Mieter:innen sowie Ersterwerber:innen neu sanierter Eigentumswohnungen.

Barrierefreies Bauen bietet Steuervorteile

Auch das Finanzamt honoriert das barrierefreie Bauen beziehungsweise Umbauen einer Wohnung oder eines Hauses. So kannst Du die durch den Um- oder Neubau entstandenen Kosten von der Steuer absetzen. Handelt es sich dabei um einen prophylaktisch erfolgten Umbau, darfst Du pro Jahr insgesamt 20 Prozent der entstandenen Kosten für Handwerker:innen von der Steuer absetzen. Die jährliche Obergrenze hierfür liegt bei 1.200 Euro. Ist der Umbau allerdings aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich, lassen sich sämtliche Renovierungskosten vollumfänglich in der Steuererklärung geltend machen. In der Regel musst Du die gesundheitliche Notwendigkeit der Baumaßnahmen dabei durch ein ärztliches Attest belegen.

Barrierefrei bauen: 9 Vorteile auf einen Blick

  1. Barrierefreiheit macht einen Umzug im höheren Alter in eine altersgerecht gestaltete Wohnung oder Einrichtung überflüssig. Betroffene verlieren durch ein seniorengerechtes Bauen und Wohnen so nicht ihre meistens langjährigen Sozialkontakte und verbleiben in ihrer vertrauten Umgebung. Das sind klare Vorteile hinsichtlich der eigenen Lebensqualität.
  2. Du kannst Immobilien und das jeweilige Wohnumfeld schon im Vorfeld altersgerecht und behindertengerecht gestalten.
  3. Barrierefreiheit bedeutet auch immer eine Verbesserung des Wohnkomforts.
  4. Wohnungen und Häuser ohne Barrieren erleichtern teilweise bereits den Alltag von jüngeren Personen. Ein typisches Beispiel hierfür sind eine offene Raumplanung, Rollstuhlrampen und schwellenfreie Zugänge. Davon profitieren zum Beispiel Familien mit Kleinkindern und Kinderwagen.
  5. Ein barrierefreies oder auch rollstuhlgerecht gestaltetes Haus erhöht immer die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit von Menschen mit Bewegungseinschränkungen, da sie weitaus seltener fremde Hilfe benötigen.
  6. Altersgerechtes Interieur wie zum Beispiel eine bodengleiche Dusche mindert deutlich die allgemeine Verletzungsgefahr durch Stürze oder andere Unfälle.
  7. Barrierefreies Bauen und Wohnen bringt auch dem Umfeld spürbare Vorteile. Denn dadurch, dass die Eigenständigkeit durch die Barrierefreiheit steigt, kommt es gleichzeitig zu einer Entlastung der Personen, die den Betroffenen im Alltagsleben maßgeblich helfen.
  8. Auch finanziell profitierst Du von einer frühzeitig realisierten Barrierefreiheit. Und zwar durch eine Wertsteigerung der jeweiligen Immobilie. Wohnmöglichkeiten ohne Barrieren werden immer mehr nachgefragt. Dadurch steigt der Verkaufswert.
  9. Es stehen verschiedene Fördermöglichkeiten für altersgerechtes Bauen zur Verfügung. Das reduziert die eigenen Kosten und vergünstigt den Einstieg in ein barrierefreies Wohnen.

Hole Dir Expertise an Bord

Wenn Du ein altersgerechtes Haus bauen möchtest oder Dich für eine barrierefreie Umgestaltung der jeweiligen Wohnsituation interessierst, solltest Du Dich im Vorfeld ausgiebig informieren und beraten lassen. Fachlichen Rat zu Themen wie barrierefreies Wohnen oder behindertengerechtes Bauen gibt es zum Beispiel von Wohnungsberatungsstellen.

Zudem kannst Du Dich an die bundeslandspezifischen Fachstellen für Barrierefreiheit wenden, die von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit eingerichtet wurden. Möchtest Du die KfW-Förderung in Anspruch nehmen, musst Du auf jeden Fall einen Sachverständigen oder eine Sachverständige einbeziehen. Diese beraten nicht nur individuell, sondern führen auch den verpflichtenden Sachverständigennachweis durch. Selbstverständlich beraten Dich auch unsere Baufinanzierungsexpert:innen umfassend zu Deinem Bauprojekt.