Vergleichswertverfahren
Vergleichswertverfahren: Was ist das?
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum der Vermögenswert einer Immobilie oder eines Grundstückes ermittelt werden soll. Damit ein möglichst präziser Wert ermittelt werden kann, greifen etwa Sachverständigende, Makler:innen oder Finanzämter auf das Vergleichswertverfahren zurück. Neben dem Sachwert- und Ertragswertverfahren gehört das Vergleichswertverfahren zu den drei Wertermittlungsverfahren (§ 15 Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) in Deutschland. Wie es funktioniert, verrät bereits der Name. Es arbeitet mit Vergleichswerten.
Um den Wert eines Objektes festzustellen, vergleicht der/die Sachverständigende das Bewertungsobjekt mit ähnlichen Immobilien (Lage, Ausstattung etc.). Aus diesen Zahlen berechnet er einen geschätzten Wert (Annäherungswert), der dem tatsächlichen Marktwert nahekommt.
So berechnest Du den Wert einer Immobilie
Als Immobilienbesitzer:in möchtest Du natürlich wissen, wie viel Deine Immobilie wert ist, vor allem, wenn Du diese verkaufen möchtest. Dasselbe gilt auch, wenn Du eine Immobilie kaufen möchtest. In der Praxis hat sich das Vergleichswertverfahren als das zuverlässigste Verfahren zur Wertermittlung bewiesen, da es das tatsächliche Marktgeschehen realistisch widerspiegelt. Es eignet sich für unterschiedliche Immobilienarten (Einfamilien- und Reihenhäuser, Wohnung) sowie für unbebaute Grundstücke. Innerhalb dieses Verfahrens wird nochmals zwischen dem direkten und indirekten Vergleichswertverfahren unterschieden.
Info:
Ein Vergleichswertverfahren wird überwiegend bei selbst genutzten Immobilien oder unbebauten Grundstücken eingesetzt. Kaufst Du beispielsweise ein Reihenhaus und möchtest dieses vermieten, beabsichtigst Du, daraus Mieteinnahmen zu erzielen. Für dieses Vorhaben eignet sich bevorzugt das Ertragswertverfahren. Fehlt es hingegen an brauchbaren Vergleichsobjekten, wird über das Sachwertverfahren die Substanz bewertet.
Direktes vs. indirektes Vergleichswertverfahren
Beide Vergleichswertverfahren kommen bei unterschiedlichen Situationen zum Einsatz. Damit Du Dir einen besseren Überblick über die beiden Verfahren verschaffen kannst, erklären wir Dir in den nachfolgenden Absätzen die Unterschiede.
Direktes Vergleichswertverfahren
Wurden kürzlich ähnliche Immobilien oder Grundstücke verkauft und der/die Sachverständigende kann auf diese Daten zurückgreifen, sprechen wir von einem direkten Vergleichswertverfahren.
Beispiel: Du möchtest ein Einfamilienhaus in einer beliebten Wohngegend im Nürnberger Stadtteil Erlenstegen verkaufen. Kürzlich gingen zwei ehemalige Nachbar:innen von Dir denselben Schritt. Da es sich in beiden Fällen um eine ähnliche Immobilie handelte, können die Verkehrswerte (geschätzte Kaufpreise) dem/der Sachverständigenden als direkte Vergleichswerte dienen.
Die folgenden Kriterien müssen für ein direktes Vergleichswertverfahren ähnlich und/oder vergleichbar sein:
- Erschließungsgrad
- Bodenbeschaffenheit
- Lage
- Grundstücksgestaltung
- Grundstücksgröße
- Zustand
- Alter
Tatsächlich kommt es in der Praxis nur selten vor, dass sich Immobilien oder Grundstücke dermaßen ähneln. Für diesen Fall gibt es ein indirektes Vergleichswertverfahren.
Info:
Damit Gutachter:innen den Verkaufswert über das direkte Vergleichswertverfahren berechnen können, müssen ihnen tatsächlich kürzlich erzielte Kaufpreise von ähnlichen Immobilien vorliegen. Ist dies der Fall, berechnen sie den Verkehrswert mithilfe folgender Formel:
Vergleichspreis / Fläche des Vergleichsobjekts x Fläche d. zu bewertenden Objekts = Verkehrswert
Indirektes Vergleichswertverfahren
Fehlt es dem/der Sachverständigenden an kürzlich erzielten Kaufpreisen, zieht er/sie Kaufpreise aus der Historie heran. Auch hier gilt: Für eine ordentliche Wertermittlung müssen die Daten von ähnlichen Immobilien stammen. Diese Daten bezieht er/sie über eine Kaufpreissammlung aus dem örtlichen Gutachtungsausschuss. Alle Kaufpreise werden anschließend in verschiedene Kategorien aufgeteilt, darunter gehören:
- Erschließungsgrad
- Bodenbeschaffenheit
- Lage
- Grundstücksgestaltung
- Grundstücksgröße
- Zustand
- Alter
Der/Die Sachverständigende ermittelt für jedes einzelne Segment einen Durchschnittspreis, welche er/sie dann mit dem Bewertungsobjekt vergleicht. Die ermittelten Durchschnittspreise werden, unter Beachtung von Auf- und Abschlägen, in den indirekten Vergleich mit einbezogen.
Info:
Sachverständigende berechnen über das indirekte Vergleichswertverfahren den Verkehrswert einer ähnlichen Immobilie. Dies ermöglicht ihnen die folgende Formel:
Größe der Immobilie (m²) x Vergleichspreis pro m² = Verkehrswert
Wann kommt das Vergleichswertverfahren zum Einsatz?
Möchtest Du eine Immobilie oder ein Grundstück kaufen/verkaufen, ist es wichtig, vorab einen realistischen Verkaufspreis zu ermitteln. Das geschieht in der Praxis häufig über das Vergleichswertverfahren. Aber warum eigentlich? Das liegt daran, dass bei selbst genutzten Immobilien oder unbebauten Grundstücken zumeist ausreichend Vergleichsobjekte vorliegen. Hier gilt: Je ähnlicher sich die Objekte (ähnliche Region, Immobilienart etc.) sind, desto präziser ist das Ergebnis.
Das Vergleichswertverfahren kommt überwiegend bei folgenden Immobilienarten zum Einsatz:
- Eigentumswohnungen
- Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser
Das Vergleichswertverfahren kommt aber auch sehr häufig bei Grundstücken zum Einsatz bzw. wird für die Ermittlung des Bodenrichtwerts von Gutachterausschüssen verwendet.
Muss das Finanzamt aus steuerlichen Gründen (Erbschaft, Scheidung oder Schenkung) den Immobilienwert ermitteln, greift es ebenfalls auf das Vergleichswertverfahren zurück. Auch zur Berechnung der Steuerlast gemäß Immobiliensteuerrecht greift das Finanzamt auf diese Bewertungsmethode zurück. Hier gilt allerdings dasselbe wie beispielsweise für eine:n Sachverständigende:n. Der realistische Vergleichswert lässt sich nur ermitteln, wenn sich ausreichend Vergleichsobjekte in der Datenbank befinden.
Was bestimmt den Wert beim Vergleichswertverfahren?
Welche Vergleichsfaktoren es bei der Berechnung zu beachten gilt, erfährst Du in der nachfolgenden Übersicht.
Faktoren, zum Berechnen eines Immobilienwertes
- Immobilientyp und -größe: Gilt es als private, gewerbliche oder Sonderimmobilie? Über wie viele Quadratmeter verfügt das Objekt?
- Restnutzungsdauer: Ist die Immobilie in einem guten Allgemeinzustand oder kündigen sich bereits Sanierungsnotwendigkeiten an? Wie lange lässt sich die Immobilie bei ordnungsgemäßer Pflege noch bewohnen?
- Bauweise und Energieeffizienz: Handelt es sich um eine Massiv-, Fertig-, Modul-, Blockbau- oder eine andere Bauweise? Welche Maßnahmen zur verbesserten Energieeffizienz wurden bereits durchgeführt?
- Gestaltung und Ausstattung: Wie ist die Immobilie ausgestattet? Verfügt sie beispielsweise über hochwertigen Echtholzparkettboden, ein modernisiertes Badezimmer oder eine neue Einbauküche? Ist ein Garten, eine Garage oder ein Carport vorhanden?
- Mikro- und Makrolage: Gibt es in unmittelbarer Umgebung Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Bus- und Bahnanbindungen oder Schulen und Kindergärten? In welchem Bundesland liegt die Immobilie? Liegt sie in einer städtischen oder dörflichen Region?
- Gesetzliche Aspekte: Steht die Immobilie offiziell unter Denkmalschutz? Oder sind die Wegerechte eingeschränkt?
Faktoren, zum Berechnen eines Grundstückswertes
- Größe und Bodenbeschaffenheit: Wie groß ist das Grundstück? Verfügt es über organischen Boden (bspw. Torf oder Humus) oder liegt dort anorganischer Boden (bspw. Sand, Kies, Ton, Fels). Organische Böden eignen sich nicht als Baugrund!
- Erschließungsgrad und Lage: Ist das Grundstück bereits an das Versorgungsnetz, wie Wasser, Strom oder Abwasser angeschlossen? Gibt es bereits eine Straßenzufahrt? An welchem Standort liegt das Grundstück? In welche Himmelsrichtung ist das Grundstück ausgelegt? Wie sieht die Umgebung aus (Industrie, Bahnverkehr etc.)?
- Einschränkungen: Gibt es Einschränkungen, die den Bau einer Immobilie beeinträchtigt oder gibt es vollständige Baufreiheit?
Wichtig:
Theoretisch kannst Du das Vergleichswertverfahren für Immobilien auch selbst anwenden. In der Praxis ist davon allerdings abzuraten. Expert:innen verfügen über eine gute Marktkenntnis, was ihnen eine realistische Wertermittlung ermöglicht.